Abschlusstagung Alter und Trauma

Praxishilfen aus dem Projekt ALTER UND TRAUMA für Fach- und Leitungskräfte der Altenhilfe

130 Fachkräfte der Altenhilfe und –pflege informierten sich auf der Abschlusstagung des NRW-Verbundprojektes Alter und Trauma am 14.09.2016 im Wissenschaftspark Gelsenkirchen.

„Das Thema Alter und Trauma muss aus der Tabuzone raus. Wir müssen da einiges nachholen, denn es ist längst bekannt, welche gravierenden Folgen erlebte Gewalt ein Leben lang auf die körperliche und psychische Konstitution hat.“ Mit diesen Worten eröffnete NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens die Abschlusstagung des Verbundprojektes Alter und Trauma.

2,6 Millionen alte Menschen sind in Deutschland auf Pflege angewiesen. Die große Mehrheit von ihnen ist 75 Jahre und älter - war also bei Kriegsende Kind, Jugendlicher oder junge Erwachsene. Welche Folgen ihre Traumata aus dieser Zeit im späteren Leben haben würden, blieb viele Jahrzehnte lang unbeachtet. Auch für die Spätfolgen sexualisierter Gewalt - ganz gleich, ob sie im Krieg erlitten wurde, in der eigenen Familie oder durch Bekannte - gibt es erst heute mehr Aufmerksamkeit. Fachkräfte der Altenhilfe beobachten in der Pflege und Begleitung alter Menschen, welche Wucht Traumafolgen im Alter haben, und wie schmerzhafte Erinnerungen ausgelöst werden können durch scheinbar banale Alltagssignale wie Blaulicht oder Donner. Sie erleben aber oft ebenso, aus welchen Quellen die Betroffenen selber Kraft schöpfen konnten. Mehr Wissen um die Zusammenhänge und eine behutsame Erinnerungsarbeit helfen erneute Traumatisierungen zu verhindern. Dies ist die Kernbotschaft des NRW-Verbundprojektes Alter und Trauma, dessen Förderphase mit dieser Abschlusstagung endete.

Drei Jahre Förderung durch das Land NRW und die Stiftung Wohlfahrtspflege

„Ich wünsche mir, dass das Wissen um Traumafolgen im Alter und die Sensibilisierung jetzt in die Breite geht.“, führt die Ministerin Barbara Steffens (MGEPA) aus: „Das Wissen soll in der Regelversorgung ankommen von der Ausbildung bis in die tägliche Praxis – quer durch das gesamte System.“ Norbert Killewald von der Stiftung Wohlfahrtspflege sieht den Zeitpunkt dafür als günstig an: „Nachdem das Thema lange Jahren fast totgeschwiegen wurde – bis in die eigenen Familien hinein – erleben wir jetzt, dass die Generation der Kinder bereit ist, das Schweigen zu durchbrechen und sich des Themas anzunehmen. Als Stiftung sind wir sehr zufrieden mit diesem Projektergebnis, denn es ist gelungen, diese Haltung gesellschaftlich voranzubringen.“, so Killewald.

Bereit für ein schwieriges Thema? Herausforderung für die Pflege

Die Expertinnen und Experten aus dem Sozial-, Gesundheits- und Pflegebereich nutzten die Tagung in Gelsenkirchen zum Austausch über neue Wege und Ansätze, Menschen zu helfen, die im Alter unter Traumafolgen leiden. Viele wollen ihr Wissen erweitern und suchen hilfreiche Anregungen, was sie im Pflegealltag tun können oder wie Betroffene ermutigt werden können, sich auch schmerzhaften Erinnerungen zu stellen. „Weil Traumaarbeit immer Beziehungsarbeit ist, brauchen auch die Fachkräfte selbst Unterstützung und Austausch, wenn sie sich dieser Aufgabe stellen.“, fasst Hartmut Emme von der Ahe, Gesamtkoordinator im Verbundprojekt, die Projekterfahrungen zusammen.