Dörte Hansen (2015):
Altes Land
Knaus Verlag
In ihrem Erstlingswerk erzählt Dörte Hansen die Familiensaga derer von Kamcke-Eckhoff. Sie spannt einen Erzählbogen, der von der Flucht aus Ostpreußen bis in die Gegenwart im Alten Land reicht. Äußerst unterhaltsam verwebt sie die 286 Seiten mit erfrischenden Seitenhieben auf Bio-Landromantik, Manufaktum-Kult und die Szene der Hamburger Großstadtflüchtlinge.
Im Mittelpunkt aber steht ein altes Bauernhaus, in dem eine Genealogie von Kriegstraumatisierten Unterschlupf sucht und nicht wirklich finden kann. Hansen erzählt packend, wie die traumatisierten "Veras und Karls" auch mit einem Dach über dem Kopf den Mächten der Traumatisierung ausgeliefert sind. Sie stellt uns en passant vor die Frage: "Gibt es einen wirksamen Schutz vor den Folgen der Kriegstraumatisierung?" Sie sucht nach einer Sprache für das Unsagbare und Unerhörte.
Das Eckhoffsche Haus wird für zur Verbildlichung der Schutzlosigkeit im fortgesetzten Traumaerleben, zum Symbol der Gefangennahme durch das Trauma. Sein eigentlicher Symbolgehalt (Geborgenheit, Schutz, Daheimsein, Ort menschlicher Begegnung) wird ins Gegenteil verkehrt. Haus und Hof werden im Laufe der Jahre dem Chaos überlassen und zum Spiegelbild des inneren Schreckens, der dort herrscht. Erst mit dem Einzug der Kriegsenkelin Anne und ihrem Sohn Leon lässt Hansen die Hoffnung auf Aussöhnung mit der eigenen, leidvollen Traumageschichte wachsen.